Alltag – Stress

1024 682 Elke Janßen

Frau E schaffte es auch diesmal nicht. Stundenlang war sie durch die Hotelflure gerannt. Auf der Suche nach ihrem Zimmer verirrte sie sich in einem Wirrwarr von Gängen und Sackgassen. Es dauerte eine Ewigkeit, bis sie endlich vor ihrer Zimmertür stand und die Tür öffnete. Den Zug würde sie wohl kaum bekommen, wenn sie sich nicht beeilte. Frau E. begann zu packen Aber das Zimmer füllte sich mit immer und immer mehr Gegenständen, die unbedingt noch in den Koffer mussten. Es war einfach zu viel.

 

Atemlos erwachte Frau E. Nicht schon wieder dieser Traum. Wie oft sie den schon geträumt hatte, konnte sie gar nicht mehr an einer Hand abzählen. Sollten Träume nicht etwas Schönes sein? Aber auch das schaffte sie offensichtlich nicht, ärgerte sich Frau E. , als sie endlich aufstand. Immer und immer und immer der gleiche Traum. Wütend trat sie gegen ihre roten Schuhe, die durch die Gegend flogen. Dabei liebte sie diese Schuhe, ein Stück von ihr selber.  Frau E. war schon oft darauf angesprochen worden, wie klasse die doch wären. Aber heute mochte sie nichts an sich.

 

Die Bahn, ganz klar, kam auch zu spät. Der Schnee taute und hinterließ schmutzigen Matsch, grau in grau. Die Arbeit schleppte sich von Minute zu Minute dahin. Als Frau E. ihre Mails checkte, erreichte sie die Nachricht, dass für morgen ein Termin kurzfristig abgesagt wurde. Dabei hatte sie sich darauf gefreut. Es war schließlich etwas, was ihr wichtig war. Eben ihr Ding, hatte sie gedacht.

Jetzt aber war Frau E. unendlich erleichtert. Merkwürdig dachte sie. Hätte sie nicht enttäuscht sein sollen … müssen…

Naja ging sie eben noch zur Meditation. Das tat ihr gut, dachte Frau E. Gleichzeitig spürte sie in sich hinein. Tat nicht ihr Rücken weh? Und ihre Schulter, schon den ganzen Tag? Vielleicht, vielleicht wenn es noch ein wenig stärker werden würde, hätte sie einen guten legitimen Grund diesen Termin abzusagen. Vielleicht. Innerlich begann sie darauf zu hoffen eine Erlaubnis dafür zu finden.

Dabei fühlte sie sich schon lange erschöpft und manches nervte sie mehr als sonst.

Jetzt erst mal eine Wärmflasche, dachte Frau E., die wärmte sie und das tat ihr gut.

Gerne hätte Frau E. noch darüber nachgedacht, warum sie sich immer und wieder vorschrieb, worauf sie sich zu freuen hätte, was zu machen sei oder warum sie immer noch so oft ein schlechtes Gewissen hatte.

Aber sie ließ diese Gedanken an sich vorbei segeln.

Frau E. lächelte, als sie daran dachte, worauf sie sich wirklich freute. Auf ihre Schreibworkshops, die sie gebucht hatte. Da musste sie nichts und konnte alles. Darauf freute sie sich sehr und war immer enttäuscht, wenn diese abgesagt wurden.

Na dann, dachte Frau E. Na dann.

Warum warten

Frau E. setze sich an ihren Schreibtisch und fing an zu schreiben. Die Zeit flog dahin und sie mit ihr. Sie teilte ihre Gedanken mit anderen. Und es war gut.

Alles Liebe Elke